1923

Als Anhang zum Jahre 1922 muss ich nachtragen, dass von Seite des Pfarramtes auch in diesem Jahre wiederum die übliche Weinsammlung von Haus zu Haus vorgenommen wurde und zwar hat sich diesmal der Herr Prem ganz allein dieser wenig ergötzlichen Aufgabe unterzogen – das Ergebnis waren gut fünf Eimer Wein. Die Preise der Kellerweine waren für den Heurigen sehr niedrige, während im Gasthaus gewöhnlicher Tischwein mit 3000 K pro Viertelliter bezahlt werden musste. Dafür stiegen alle übrigen Produkte und Artikel im Preise ungeheuer in die Höhe. Der Liter Milch 4000 K, ein Ei 2000 K, das Getreide 3000 bis 4000 K pro Kilo. Schweinefleisch gegen 40000 K für das Kilo. Die Schmalz- und Butterpreise dementsprechend förmlich unerschwinglich. Ein Anzug kostet Millionen von Kronen. Ein Paar gewöhnliche Schuhe mindestens 200000 K. Geradezu fabelhaft hoch sind aber die Viehpreise: eine gute Milchkuh kauft der Jud für 10 bis 12 Millionen K. Bei dieser Konjunktur ist es verständlich, wenn das ganze bessere Vieh in den Händen der Juden ist. Außerdem war das letzte und mehr noch das heurige Jahr in Bezug auf den Stall ein wahres Unglücksjahr – die Kühe bekamen der Reihe nach die Knochenweiche, konnten nicht mehr belegt werden und brachen mit der Zeit überhaupt zusammen – eine Notschlachtung um die andere. Der Viehstand ist überall sehr bedenklich gelichtet, denn angesichts der Millionenpreise einerseits und dank den enormen Steuervorschreibungen andererseits müssen sich auch größere Besitzer dermalen mehr mit den Ziegen behelfen. Schuld tragend an dieser Misere ist nur das Futter, das infolge Trockenheit nicht nur recht spärlich gediehen, sondern auch ohne Nährgehalt eingebracht worden ist. 

Durch diese ungünstigen Umstände bezgl. Wirtschaft ist unter einem auch bedingt eine gewisse Geldknappheit, die sich mit dem heurigen Jahre tatsächlich fast schon allgemein eingestellt hat. Trotzdem wollen sich Mode und Genusssucht immer noch keinen Abbruch gefallen lassen. Die Zahl der Unterhaltungsabende, der Kränzchen und Bälle ist noch ungemindert dieselbe und im lb. Fasching wars wieder lustig bis in den nächsten Vormittag hinein. Zur Ehrenrettung unserer Gemeinde kann ich allerdings gottlob berichten, dass am Faschingsdienstag schon punkt 12 Uhr nachts die Komödie ihr Ende gefunden hat und zwar mit Rücksicht auf das mit dem Aschermittwoch beginnende Triduum. Herr P. S.J. Pointner, drzt. Minister bei den Jesuiten am Hof hat sich dieser Aufgabe vom Mittwoch bis Samstag unterzogen – mit einer Predigt vormittags und einer Standeslehre nachmittags täglich, während die Einleitung und den Schluss der Ortspfarrer hielt. Die Teilnahme seitens der Pfarrangehörigen war eine zahlreiche und der Sakramentsempfang schier vollzählig, nachdem in diesem Jahre die Osterbeichtzeit schon mit dem Aschermittwoch ihren Anfang genommen hatte. Die HH. Pfarrers von Kl. Harras, Velm-Götzendorf sowie von Spannberg hatten als Beichtväter auch eifrigst Aushilfe geleistet. 

Die Frühjahrswitterung war für sämtliche Kulturen besonders günstig, wenn man sich auch vielleicht etwas mehr Regen gewünscht haben möchte. Wohl hätte dadurch das Getreide im allgemeinen mehr Trieb bekommen – dafür zeigen sich aber die Weingärten schöner denn je – Traube an Traube, besonders in den jüngeren Kulturen. Leider konnten sie nicht reifen, denn in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai – Pfingstsonntag – hat ein starker Frost beträchtlichen Schaden angerichtet. Die Reben sind schwarz. Auch der Mais und die Hülsenfrüchte haben darunter gelitten, während die Kartoffel sich noch erholen dürften. 

Von den 35 Erstkommunikanten des Jahres 1923 wurden 15 gefirmt. Am Sonntag vor Pfingsten habe ich in der Kirche verlautbart, dass ich den Kindern das Firmzeugnis nur dann ausfolgen werden, wenn auch der Pate und die Patin die hl. Sakramente empfangen haben. Selbstverständlich gab es ob dieser Neuerung einen sog. Kravall – dessen ungeachtet aber gingen sämtliche Paten und Patinnen zu den hl. Sakramenten, nur der liebe Kraft Eduard hat eine rühmliche Ausnahme gemacht.

Am Dreifaltigkeitssonntag gibt es wieder einmal eine Theateraufführung von Seite des Lehrkörpers mit der Schuljugend im Verein mit den Chormusikern – die Vorbereitung hiezu hat schon mit Februar angefangen; unsere Schulkinder schwelgen förmlich in Musik und Poesie – Loidesthal hat bald das Aussehen vom Weaner Proader. Dabei findet man talentierte Kinder, die mit 14 Jahren kaum fließend lesen können, von einer Rechtschreibung gar nicht zu reden. 

Lehrer Girsch ist zum Schulleiter von Blumenthal ernannt worden – trotz der energischen Einsprache seitens der Gemeinde. Trotz aller Abbaumaßnahmen träumt die hiesige Schulleitung doch noch von einer Parallelklasse – auch für 1923-1924 wieder. Vidi 5.6.1923 P. Augustin Höbarth Dechant. 

Die kanonische Visitation durch den Herrn Dechant P. August Höbarth fand in diesem Jahre am 5. Juni um 7 Uhr vormittags statt. Auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin unterblieb das Läuten. Die Kinder versammelten sich unter der Führung des Herrn L. Magrutsch gleich in der Kirche, wo sich auch der Ortsschulrat und gottlob auch ziemlich viele Eltern versammelt hatten. Von der Gemeindevertretung war niemand sichtbar, weil ich es unterlassen habe, am Sonntag zuvor die übliche Einladung herabzuleiern, obwohl ich den Bürgermeister ohnehin persönlich ersucht hatte, die Beteiligung an der Prüfung im Ausschusse anzuregen. Herr Frohner ist verduftet und in aller Gottesfrüh geschäftlich nach Pyrawarth abgedampft. Herr Dechant hat Worte bester Anerkennung gesprochen in Anbetracht des ruhigen Verhaltens der Kinder und auch für die zahlreiche Beteiligung des Volkes. 

Für den außerkirchlichen Teil am Fronleichnamstage habe ich den Chorkräften das Tanzen untersagt gelegentlich ihres Zusammenseins zum Vespertrunk bei Steyskal. Es hat das Verbot gewirkt, zumal ich von ihrem Verhalten im Gasthaus für alle Zukunft die Fronleichnamsprozession abhängig gemacht habe. Es hat sich kein einziger Bursche blicken lassen – nur vier jüngere Mädls haben das Bier in den Kopf bekommen und in dieser Stimmung haben sie untereinander den Tschardas heruntergewalzt. Echte Stiefelberger. In der Nacht vom 19. auf den 20. Mai – Pfingstsamstag auf Sonntag – gab es einen starken Reif, der der ganzen Kultur – streckenweise sogar dem Getreide einen empfindlichen Schaden zufügte. Am allermeisten hat darunter gelitten der Wein. Das allgemeine Urteil an diesem Tage hat gelautet: Heuer brachen wir nicht mehr lesen und die Zeit der Weinernte hat diese Befürchtung leider vollauf bestätigt – wenig Wein, aber vieles und schönes Getreide. Die ältesten Leute können sich aus dem ganzen Leben auf keinen so langen und schweren Hafer erinnern, wie er im Jahre 1923 geraten ist. 

Der heurige Sommer war ungemein heiß, aber relativ sehr gewitterarm. Gottlob hat uns das Hagelwetter ganz verschont. Die Schulferien haben heuer für sämtliche Schulen am 28. Juni ihren Anfang genommen. Ungeteilte Ferien bis zum 3. September. Zu Beginn des neuen wurde auch so wie am Schluss des alten Schuljahres ein Dank- resp. Bittgottesdienst für die Kinder abgehalten über Verordnung seitens des Bezirksschulrates. Über die die Art der Veranstaltung dieser Schulmessen hat sich bei der Ortskonferenz eine Debatte entsponnen, wobei Oberlehrer Schweinberger und der Pfarrer derartig heftig aufeinander geraten sind, als würden sich besäufte Sauschneider gegenseitig insultieren. Auf meiner Seite hat sich bei dieser Gelegenheit der schon länger verhaltene Zorn einen Ausweg gesucht, Unwillen von wegen Ungehörigkeiten, die bei der im April 1923 abgehaltenen Kinderakademie und Theatervorstellung vorgefallen sind – damals hat nämlich der betrunkene Bauer Johann das Fernbleiben des Bürgermeisters und Pfarrers in der rohesten Manier bemängelt und die löbliche Lehrerschaft hat dazu Ja und Amen gesagt. 

Einige Wochen zuvor gab es auch einen sog. Elternabend mit durchschnittlich ziemlich normalen Verlauf. 

Am 6. August machte ich mich auf den Weg nach Mariazell – wobei ich 17 volle Stunden auf dem Wege war. Durch das Schwarzach (Höllen)tal und durch den Graben in das Preinertal, über das 1100 m hohe Gschaidl in den Lahnsattel zur Terz. Der nähere Weg führt überSingerin-Nasswald-Oberhof nach Prein. Am 7. August hatte ich in Kaiserbrunn in einer kl. Kapelle zelebriert – in Gegenwart einiger eifriger Pensionsgäste. Kaiserbrunn und Hirschwald gehören nach Reichenau, die ganze übrige Gegend aber nach Schwarzau, das 4 Stunden weit weg entlegen ist. Ihre nächste Bahnstation ist Payerbach. Retour über St. Pölten. Vom 3. bis 7. September habe wie alljährlich im Priesterhaus in Wien die hl. Exerzitien mitgemacht, an denen sich auch der Bundeskanzler beteiligt hat. 

Im September vollzog sich der Priesterwechsel in den Seelsorgestationen der Barnabiten – Mistelbach, Maustrenk, Wien etc. Die Barnabiten wurden säkularisiert und wurden von den Salvatorianern abgelöst. Pfarrer Schneck ist im Burgenland Messeleser. Im Oktober gab es allüberall Nationalratswahlversammlungen. In Loidesthal wurde eine solche von Dr. Erwin Waiss gehalten. Am 21. Oktober wurde gewählt – 83 Christlich-soziale, 68 demokratisch, 10 Großdeutsche und 4 Landbündler. In Loidesthal gab es 422 Wahlberechtigte – 12 Wähler wurden in der Liste aus Versehen gar nicht aufgeschrieben. 368 christlich, 26 demokratisch und 16 großdeutsche. 

Auch die roten Zieglerer wollten bei Steyskal eine Versammlung abhalten, aber sie sind über die halbe Rede nicht hinausgekommen.

Am 4. November hätte der Wolfgangikirchtag getroffen – auf meine Initiative hin aber wurde er wegen des Gedächtnisses an Allerseelen auf den 11. November verlegt. Freilich gab es darob viel Widerspruch und Räsonieren und der Bürgermeister musste fleißig seinen Buckel herleihen, aber geschehen ist es. 

Am darauffolgenden Nationalfeiertag gab es um 10 Uhr wieder Kirchengang von Seite des Kriegervereines mit obligater Wirtshausgeschichte. 

Durch den starken Frost in der Nacht vom Pfingstsamstag auf Sonntag wurden die Weinkulturen arg beschädigt und es war auch die Weinernte 1923 quantitativ sehr schwach, so dass auch die übliche kirchliche Weinsammlung ganz unterbleiben musste. Qualitativ hätte man eine sehr gute Ernte gewärtigen dürfen, wenn nicht eine Woche vor der Ernte wieder kühles Wetter eingefallen wäre. Preis: 5 bis 6000 K die Maische. 

Bezüglich der übrigen Artikel ist die Preislage so ziemlich unverändert geblieben – man fängt zu zählen und zu zahlen an mit 100 K. Wie schwer diese Teuerung speziell im heurigen Winter empfunden wurde, davon können alle der ärmeren Schichte Angehörigen ein böses Lied singen – vom 21. Dezember bis 12. März ununterbrochen tiefer Schnee mit außerordentlich empfindlicher Kälte … Holz kostet per Meter 200000 K und Kohle 7 bis 800000 K für Centner. 

Im Herbst 1923 ist hier die höchst betrübende Nachricht eingelangt, dass Michaelbeurn schon monatelang keinen Abt mehr hat, nachdem H.P. Josef Müller von Rom aus veranlasst worden ist, zu resignieren. Im September dürfte er das Kloster verlassen haben – fort nach Bayern. Michaelbeurn bekam auf die Initiative seitens des HH. Erzbischofes von Salzburg hin in der Person des H.P. Leopold Grünwald einen p.t. Prior, während der Hochw. Herr Abt-Präses Dr. Klotz Administrator unseres Klosters sich nennt. Die böse Veranlassung zur Resignation ist zugleich auch die Veranlassung dazu geworden, dass Michaelbeurn bezgl. Einer Neuwahl sich geraume Zeit gedulden muss, zuwarten, bis Rom wieder J sagen wird. Ende Februar 1924 hat es in Wien – Pfarre Dornbach ein Consilium gegeben zwischen Abt-Präses und den hier exponierten Pfarrern, nicht aber, um dadurch klüger, sondern um womöglich dümmer zu werden.

1922

Dieses Jahr steht im Zeichen einer beispiellosen Teuerung. Was man im Jänner und Februar noch um 1000 K sich kaufen konnte, das stieg innerhalb weniger Wochen auf 5 bis 7000 K. So zahlte man im Mai-Juni für ein Kilo Rindfleisch über 4000 K. Ein Kilo Kochmehl kostet 1000 K, somit ein Laib Brot zu 120 g nicht weniger als 1400 K. Ein Liter Milch gegenwärtig 420 K. Eine gute Milchkuh wurde kürzlich um1000000 K verkauft. Pferde erreichen bereits den Preis von 4 und 5 Millionen Kronen. Quo usque tandem --- Unsere Zeit erinnert lebhaft an die Zeit nach dem dreißigjährigen Kriege, ist jedoch in mancher Hinsicht unübertreffbar, ja nicht einmal erreichbar. Täglich und stündlich wartet man auf den Zusammenbruch unserer sogen. Republik, wo das ein naturgetreues Konterfei von Russland ist. Auf alle Fälle können sich die beiden Staaten die Hand reichen als sittlich ganz und gar entartete Brüder !! Gewissenlosigkeit und Sittenlosigkeit und ganz besonders die Autoritätslosigkeit nehmen zusehends bereits Formen an, dass einem vor der nächsten Zukunft bangen muss. Ein totsicherer Beweis dafür, dass wir für eine Republik keineswegs die gehörige Reife besitzen. Mitte Mai gab es in Wien einen allgemeinen Katholikentag, der laut Zeitungsbericht einen glänzenden Verlauf genommen hat – es dürften 150000 Menschen anwesend gewesen sein. Auch sogen. Bezirkskatholikentage wurden über Anregung seitens Sr. Eminenz veranstaltet und zwar wurde damit schon im Vorjahre der Anfang gemacht. In Poysdorf und Gänserndorf war auch Loidesthal vertreten – 6 Mann. Auf den 29. Juni l.J. ist ein Katholikentag in Mistelbach angesetzt. Ob der sittliche Erfolg bei diesen Anlässen auch jedes Mal den außerordentlich guten Besuche entspricht, steht in Frage – immerhin jedoch zeitigen solche Tage auch gute Früchte, besonders bei der arg verwahrlosten Jugend. 

In Loidesthal ist bereits seit vielen Wochen ein Burschenverein im Entstehen begriffen – der Anfang ist wohl gemacht; 50 Burschen und Bürschchen haben ihre Vereinsstatuten bei der polit. Behörde eingereicht und die Vereinsgründung angezeigt unter dem Namen katholischer Burschenverein Edelsinn Loidesthal – in absehbarer Zeit wurde man in unserem kleinen Ort den großen Gründungtag feiern und begehen! Gott gebe, dass meine viele Mühewaltung bei Beseitigung von ungezählten Reibungen und Differenzen entlohnt werden möge, dass wir nicht wie anderswo eine sogen. Theatergesellschaften, sondern einen gut katholischen Verein ins Land bekommen. 

Am 14. Juni habe ich den Lehrkörper von hier mündlich und außerdem auch noch schriftlich eingeladen zur Teilnahme an der Fronleichnamsprozession und an der kanonischen Visitation am 20. Juni und die Herren gebeten, sie mögen dabei die Leitung der Schulkinder übernehmen. Antwort: der Lehrkörper dankt bestens für die freundliche Einladung, hat jedoch beschlossen, sich nicht zu beteiligen. 

Mit Anfang Juni wurde Lehrer Girsch ernannt als definitiv für den Posten in Loidesthal. Genannter scheint seinem Chef nach Wunsch und Gefallen handeln zu wollen. Vidi, 20.6.1922 Augustin Höbarth Dechant 

Am 16. Juli 1922 – Skapuliersonntag feierte der katholische Burschenverein Edelsinn sein Gründungsfest. An 26 auswärtige Brüdervereine erging die Einladung zur Teilnahme und zugleich sollte am genannten Tage der Gauverband seine Versammlung in Loidesthal abhalten. Leider kam es dank der Ungunst der Witterung am Festtage ganz anders. Am Vortage gab es einen sol. Fackelzug mit großer Musikbegleitung, ein Ereignis, das für die Mehrzahl der Ortsbewohner noch ganz neu und demzufolge auch recht interessant gewesen war. Eine Tagreveille um 4 Uhr früh leitete den eigentlichen Festtag ein. Um ½ 7 Uhr ward eine hl. Messe abgehalten, bei welcher sämtliche Burschen des Vereines die hl. Kommunion empfingen. Die Feldmesse vor der Zeughütte war auf 10 Uhr vormittags angesetzt. (Leider war das Wetter gar nicht freundlich und schon während meiner Ansprache nach dem Evangelium fing es etwas zu regnen an). Groß war mein Erstaunen, als ich an Ort und Stelle anstatt der 24 Verein nur ein Häufchen fremder Burschen sehen konnte – vermutlich hat dieUngunst der Witterung die Vereine an der Teilnahme abgehalten. Schon während meiner Ansprache nach dem hl. Evangelium fing es etwas zu regnen an, nur mit Not konnte ich – es war nebstbei auch sehr windig – celebrieren. Schon beim letzten hl. Evangelium setzte ein sehr ausgiebiger Regen ein, der dann stundenlang anhielt. Im Nu war der Festplatz geräumt und gesäubert – alles rennet, rettet, flüchtet, voran die Bande unserer jungen Musiker, die das Haydn Messlied während der Messe trefflich zum Vortrag brachten. Bei der Segen-Andacht um ½ 2 Uhr nachmittags beteiligten sich sämtliche drei Verein, wobei die Mitglieder vom Edelsinn im Presbyterium Aufstellung nahmen. Programmmäßig schloss sich nun die Festversammlung bei Kraft an, bei welcher ein gew. Stein aus Wien die Festrede hielt. Den feierlichen und für das Weinland nur einzig würdigen Abschluss bildete das obligate Tanzkränzchen – bis 3 Uhr früh. Heil! 

Nachträglich muss auch des kirchlichen Triduums Erwähnung geschehen. In der Zeit vom Aschermittwoch bis zum Samstag der Woche hielt Herr P. Bonaventura Schneller von den Franziskanern in Wien ein Triduum. Eine Einleitung und Schlusspredigt und an jedem Nachmittag eine Standeslehre. Die Beteiligung an den Vorträgen und beim darauffolgenden Beichtconcurs war eine rege. Es gab nicht weniger als 500 Communikanten. Wohl wäre es viel günstiger gewesen, das Triduum noch im alten Jahre abhalten zu lassen, denn so dürfte der Sakramentempfang in der Osterzeit 1922 unbedingt ein besserer gewesen sein. Das Ordinariat gibt nämlich keinem Ansuchen betr. Verlegung der Osterbeicht auf einen früheren Termin unter keinen Umständen statt. 

1922 gab es einen recht trockenen und heißen Sommer – Mütter irren, Kinder jammern, Tiere wimmern und alles prophezeit schon frühzeitig eine Missernte an Getreide und Herbstfrüchten. Indes der Mensch denkt (und) Gott aber lenkt und schickt gerade noch rechtzeitig einen ausgiebigen Regen, was eine relativ gute Getreideernte zur Folge hatte. Auch Klee, Mais und Rüben gibt’s allenthalben und falls die für die Gärten vorteilhafte Witterung noch beständig anhalten sollte, dann würde 1922 auch ein seltenes Weinjahr werden. 

Anschließend etwas von den jetzt modernen Preisen. Wir schreiben August 1922 und da zahlt man für einen Liter Milch 2000 K, weil eine respektable Milchkuh 5000000 K kostet. Ein Kilo Rindfleisch so teuer wie ein Kilo Zucker – 20000 K. Ein Meter Tuch von besserer Sorte 200000 K, somit ein Herrenanzug 2 ½ Millionen Kronen. 200000 K zahlt man für ein Paar Herrenschuhe. Ein Stück Ei kostet 600 K. Eine Margarinebutter zahlt man mit 22000 K. Für einen ½ Liter Bier 1300 bis 1500 K. Ein Paar Würstel in der Länge vom kleinen Finger 2000 K. Eine winzige Semmel wird mit 700 K verkauft. Eine gute Zigarre – Graciosas 1400 K, Virginier 1100 K, eine bessere Zigarette 200 K. Die Silberkrone wird mit 7000 K in Papier umgewechselt. Die Goldparität beträgt für diese Woche 15200 K. Quo usque tandem ….

1921

Im März 1921 hat die Wahl in den Landtag stattgefunden – wie bei der Wahl in den Nationalrat gab es in Loidesthal auch diesmal wieder 340 Stimmen der Christlichsozialen, 29 von den Roten und 13 großdeutsche Stimmen. 30 bis 40 Mann dürften gar nicht zur Wahl gegangen sein. Ein besonderer Zwischenfall ist nicht zu verzeichnen. Die Wahl geschah – wie üblich – im Lehrzimmer der 4. Klasse.

Nachdem für den 30. Mai die kanonische Visitation seitens des hochwürdigsten Erzbischofes Kardinal Piffl hierorts angesagt war, musste man auch daran denken, mit der Restaurierung der Kirchenfassaden zu beginnen – am 25. Mai wurde von Zimmermeister Iser gerüstet und schon den nächsten Tag arbeiteten die Leute aus der Seehofer-Gilde so eifrig, dass am 30. Mai schon die ganze Südwestfront fertig gestellt war. Bis gegen Mitte August waren sämtliche Arbeiten der Kirchenrenovierung zum Abschluss gediehen, wobei auch das Kirchendach gründlich überstiegen wurde. Die Rechnung lautete beim Maurermeister auf 90000 Kr, Zimmermeister 50000 Kr, Dachdecker 20000 Kr., für Ziegel und Farben etc. Dann Kalk, Zement, Fuhren 200000 Kr. Tischler 150.000 Kr.

Am 30. Mai Nachmittag um 3 Uhr feierlicher Empfang seitens der gesamten Pfarrgemeinde Seine bischöflichen Gnaden Kardinal Piffl. Seine Eminenz kam in Begleitung des Herrn Dechanten von Zistersdorf und des Herrn Zeremoniärs Dr. Gartner in der Richtung von Großinzersdorf, wo vormittags die Visitation abgehalten wurde. Bei den kirchlichen Zeremonien und bei der Firmung – 50 Firmling – die der Bischof im Friedhof erteilte, waren auch die HH. Pfarrer von Niedersulz und Spannberg behilflich. ½ 7 Uhr abends verließ der Pl. Tit. Oberhirte wiederum unseren Ort, begleitet von 6 Mann Berittener, sowie Hochderselbe auch gekommen war. Am 31. Mai vormittags wurde in Velm-Götzendorf gefirmt, wobei ich mich auch beteiligte. An diesem Tage brachte die Wiener Reichspost die sehr betrübende Nachricht von dem Einbruch im Kloster Michaelbeurn, wobei Geld und Pretiosen im Werte von einigen Millionen geraubt worden war. Von den Räubern fehlt bis heute noch jede Spur.

Am Tage vor der bischöflichen Visitation wurde vor dem Eingang zur Kirche die Enthüllung und Weihe des neuen Kriegerdenkmales vorgenommen. Den Auftrag bekam der Steinmetzmeister von Zistersdorf und kostet das Monument ca. 120000 Kr. Ohne unbescheiden zu werden, darf ich wohl behaupten, dass dieses Denkmal ohne meine wiederholte Anregung kaum zustande gekommen sein dürfte – sowie ich auch den Platz vor der Pfarrkirche anstatt des neuen Friedhofes in Vorschlag brachte. Als Festredner bei dieser Feierlichkeit hat mich Lehrer Schweinberger vertreten, während ich nach vollzogener Einweihung den Anwesenden und Beteiligten den Dank aussprach und dabei bemerkte: den Herrn Dechant konnte ich wohn nicht gut einladen, weil laut Programm diese ernste Kriegerfeier mit einem lustigen Tanzkränzchen ihren Abschluss findet. Aus eben diesem Grunde wollte ich heute auch nicht Festredner sein. An diesem und dem folgenden Sonntag liess ich von den beiden Kirchenvätern nach dem Gottesdienst für das Kanisiuswerk eine Sammlung vornehmen – jedes Mal ein Ergebnis von 1000 K. Den ersten Sammelbetrag habe ich dem hochw. Visitator auf seinem Teller offeriert als Dank für die Visitation seitens der Pfarrgemeinde.

Am 25. Juni machte ich bei der Landesregierung und zugleich beim hochw. Ordinariate in Wien resp. in Salzburg die erste Eingabe um die Bewilligung zur Veräußerung des Kirchenackers. Von Salzburg aus liess die positive Erledigung gar nicht lange auf sich warten, während Landesregierung Wien-Land und das dortige Konsistorium längere Zeit nicht recht Miene machen wollten – von Seite der Landesregierung ist die Bewilligung bis heute noch ausständig. Das hochw. Konsistorium hat erst im Oktober die bzgl. Erlaubnis erteilt, nachdem ich wiederholt bittlich und bittlich vorstellig geworden war, wobei ich beim zweiten Präludium vermutlich nicht die ganz geeigneten Accorde angeschlagen haben dürfte. Am 8. Jänner 1922 liess ich mit gerichtlicher Bewilligung eine Licitation abhalten im Krafts Gasthaus, wobei vom Wirt Steyskal für die 96 ar Acker der Betrag von 1,200.000 K abgeboten wurde. Ich habe dieses Anbot nicht ratificiert und wurde der Grund dann nach Ablauf der gesetzl. Frist freihändig verkauft, wobei der Wirt Steyskal in der Person des Konkurrenten Schneider Johann von Spannberg einen bösen Rivalen gefunden hatte. Es wäre tatsächlich ein eigenes und langes Kapitel für sich, wollte ich den ganzen Hergang und Verlauf der Grundverkaufsgeschichte niederschreiben. Bei einer derartigen Gelegenheit, wo hohe Summen die Rolle spielen, kommt man als Priester am allerbesten dazu, seine genauen Studien an der heutigen Laienwelt zu machen. Fide, sed antea vide, cui confidere possis. Den Acker bekam zu größten Verdruss für die Loidesthaler der Wirt von Spannberg, mit dem ich erst am 24. Jänner den Kauf abgeschlossen habe und zwar mit der Summe von 1.800.000 K. Vierzehn Tage später haben wir den Kaufvertrag beim Notar Posch in Zistersdorf unterzeichnet. Loidesthal war keineswegs froh darüber und hat mir die ganze Grundveräußerung wenig Sympathien eingetragen, indes unsere ganz und immer unschlüssigen Leute haben meinerseits wohl nicht anderes verdient. Eben bei dieser Gelegenheit liesse sich noch so manches nicht uninteressante Kapitel in Erwägung ziehen, das jedem neuen Seelsorger hier ein guter Behelf sein möchte beim Chrarakterstudium. Attamen

Der Herr Obergeometer in Zistersdorf, dem wir am 25. Oktober 1921 behilflich waren bei der Vermessung der veräußerten Grundparzelle in den Dritteln, hatte leider das Unglück, den Anteil für die Frau Kraft mit dem des Pächters Neller zu verwechseln, weshalb es auch beim Kaufvertrag anfänglich Schwierigkeiten abgab und eine sog. Aufsandung seitens der Behörde notwendig war.

Die Ernte vom Jahre 1921 war summarisch mittelmäßig. Wohl gut im Getreide, jedoch minder in den Herbstfrüchten, nachdem den ganzen Sommer hindurch die Dürre angehalten hatte. Wein von guter Qualität und in den veredelten Sorten auch nicht wenig.

Am Allerheiligentage habe ich bei der Predigt Gelegenheit genommen, den Pfarrangehörigen ihre Verpflichtung, den verst. Verwandten den vollkommenen Ablass zukommen zu lassen, motivierend vor Augen führen. Gottlob kann ich zu meiner größten Genugtuung konstatieren, dass es nachmittags und am Allerseelentage manche Pönitenten und Kommunikanten gegeben hat. Vivant sequentes!!!!! 

Am 4. Dezember als am Anbetungstage gab es vergangenes Jahr neben den vielen Frauenspersonen ausnahmsweise auch mehrere Männer, die hl. Sakramente empfangen haben. An diesem Tage musste ich auf der Kanzel den Nothelfer machen für Herrn Pfarrer P. Guido von Inzersdorf, den sein vielleidender Kopf diesen Sonntag ins Bett geworfen hatte. Im Beichtstuhl waren die HH. Nachbarn von Götzendorf und Spannberg behilflich, wobei sie unter der grimmigen Kälte sehr viel zu leiden hatten. Auch Niedersulz war vertreten. 

Der ganze Winter 1921 war wohl recht kalt, aber dafür sehr schneearm. In meiner Kanzlei wurde dreimal geheizt – mein Atelier war die Küche. Die Kohlen- und Holzpreise waren dermalen einfach unerschwinglich.

1920

Im Frühjahr 1920 gabs hierorts eine verspätete Kriegerfeier, verbunden mit einer Ehrung der Gefallenen. An diesem Tag las ich eine Feldmesse an der Zeughütte unserer Feuerwehr, nach welcher Herr Lehrer Schweinberger eine Rede gehalten hat. Vom Altar weg bewegte sich der Festzug dann zum neuen Friedhof, wo am Grabe des Krieges Josef Krammer eine reich dekorierte Tafel mit den Bildern aller Kriegsgefallenen befestigt war und wo selbst auch das Festgedicht von der Koller Rosa sowie die Ansprach von mir gehalten wurden. Nachmittags gabs ganz natürlich eine solenne Tanzerei in beiden Gasthäusern. Das Tanzen ist in Loidesthal für gewisse Tage und Anlässe so gut wie gestiftet. Am Dreifaltigkeitssonntag 1920 nahm der hochwürdige Herr Dechant P. Augustin Höbarth die feierliche Einweihung unserer zwei neuen Glocken vor.

NB diesmal ohne Tanzunterhaltung. 

Die Glocken stammen aus der Giesserei Maximilian Samassa in Wiener Neustadt. Der Preis wurde ursprünglich vereinbart auf 23 Kr. pro kilo – jedoch wurden von der Firma immer wieder neue Zuschläge gefordert, so dass schließlich mit Einbeziehung der gelieferten Naturalien das Kilo zum Schluss mit 30 Kr. bezahlt werden musste. Die kleinere Glocke kaufte unser Herr Bürgermeister, während zum Ankauf der mittleren Glocke Sammlungen von Haus zu Haus vorgenommen wurden. 

Im Oktober 1919 resignierte im Stifte der halbblinde Abt P. Wolfgang Stockhammer auf Betreiben seitens des Conventes, der ihm gelegentlich des Kapitels am Schlusse der Exerzitien diesen Schritt nahe legte. Am 10. Dezember 1919 kam es dann zur Neuwahl und wurde mein gewesener Kaplan in Maxglan P. Josef Müller sein Nachfolger. Eine Wahl mit demokratischem Anstrich. 

Abt Wolfgang lebte noch bis zum 4. März 1921, an welchem Tage er um 8 Uhr früh verschied, nachdem er die ganze Nacht im gelähmten Zustande am Boden vor seinem Bette liegend zugebracht hatte. RIP 

Im Herbst 1920 machte der neue Abt des Stiftes hier und in Obersulz seine Besuche, nachdem er zuvor die Besitzungen des Klosters in Joching-Krems besichtigt hatte. 

Im August des Jahres 1920 habe ich den Anfang mit der Renovierung im Innern unserer Pfarrkirche. Der Zimmermaler Josef Moser hat den bezgl. Auftrag bekommen, der sich allein ohne Gehilfen an die Arbeit machte, wozu Herr Zimmermeister Iser im Presbyterium und Schiff der Kirche unentgeltlich das Gerüst besorgte, Moser wurde von mir verköstigt und mit 42300 Kr. bezahlt für die Malerarbeiten, die volle 8 Wochen in Anspruch genommen. Im Spätherbst ließ ich vom Maler Gustav Krebs an der Decke des Presbyteriums blau färbeln und 300 Stück feuervergoldete Sterne anbringen – gegen Verköstigung auf vier Tage und 2000 Kr. Rechnung. Leider ließ ich mir einfallen, dem akademischen Maler Klaus (Gustav Eduard) von Hohenruppersdorf – ein Männlein mit 80 Lebensjahren – die Restaurierung der Kreuznische zu übertragen. Was der Künstler hiebei geleistet hat, lässt unverkennbar auf sein patriarchalisches Alter schließen. Der Zimmermaler hat sich mit seinem Christus am Triumphbogen viel besser eingeführt, als wie der geschwätzige Akademiker. Vater Klaus darf jeden Tag ruhig das Hobellied sing. 1600 Kr. und ein Paar Schuhe seien dem Männchen für seinen ausgezeichneten Willen wohl vergönnt. 

Im Verlauf der Renovierung machte ich in Begleitung meines Kirchenvaters Streifungen von Haus zu Haus und prüfte die Pfarrangehörigen auf ihren Wohltätigkeitssinn. Zur Ehre der Gemeinde sei es gesagt: mit ganz kleinen Ausnahmen bin ich überall großer Opferwilligkeit Zeuge geworden. Mit dem Beitrag seitens des Herrn Ferdinand Kopp von Großinzersdorf, der 4000 Kr. für den Maler und 8000 Kr. für die Arbeit des neuen Beichtstuhles gewidmet hat, wurde es mir möglich, sämtliche Auslagen restlos zu decken. Der geschlossene Beichtstuhl ist aus der Werkstätte des Meisters Krammer aus Zistersdorf und belief sich die Arbeit auf 7400 Kr – mit Schlosser und Glaser auf 9000 Kr. Gesehen bei der Visitation am 30. Mai 1921 Kard. Piffl 

1919

Der Jänner war sehr warm, so dass die Feldarbeiten nachgeholt werden konnten, die infolge des schlechten Herbstes unterbleiben mussten. Im Februar trat die Kälte auf, kältester Tag 9 ° Reamur. 

In diesem Fasching wurden 9 Paare getraut. Unterhaltungen waren genug, da die Leute Geld genug haben. 

Am 16. Jänner war die Wahl für die Nationalversammlung. Vorher Wählerversammlungen, ging ganz ruhig ab. Wahlergebnis: christlich soziale 285 Stimmen, deutsche 8, sozialdemokraten 8, Seiplpartei 37. 

Im Februar wurden beide Milchkammern gesperrt, die infolge fortwährender Viehrequirierung. Die Leute so wenig Kühe haben, so dass sie die Milch selber benötigen, das übrige wird verhamstert, der Liter 2 bis 3 Kr. Selbst Ortsbewohner müssen den Liter um 2 Kr. zahlen. Die Lebensmittelpreise steigen noch immer, so kostet 1 Ei 2 Kr, das Kilo Rindfleisch 30 Kr, wenn überhaupt welches zu bekommen ist. Viele Artikel sind überhaupt um viel Geld nicht zu haben. Es wird viel gestohlen, Kellereinbrüche sind öfters, obwohl 4 Mann Nachtwache halten. Meistens sind es Wiener Hamsterer, die immer noch in größeren Scharen kommen und auch in religiöser Beziehung Schaden anrichten. Die religiöse Gleichgültigkeit, besonders bei den Männern, ist jetzt schon groß. Die Jugend ist roh und ausgelassen. Möge bald endgültiger Frieden kommen. 

 Am 4. Mai war Wahl für den Landtag. Es wurden 255 christl.soz. und 5 deutschnationale Stimmen abgegeben, ein Teil blieb der Wahl ferne. 

 Anfangs kam der Erlass heraus, dass die Schulkinder nicht mehr verpflichtet sind, der Schulmesse beizuwohnen. Es kommen noch viele freiwillig, aber von den Lehrern ist keiner zu sehen. Auch an den Bitttagen nahm keiner teil an den Prozessionen. 

Der ganze Mai war in diesem Jahr sehr kühl und feucht. 

Am 29. Mai hielt die Feuerwehr die Fahnenweihe ab, es waren sehr viele Leute hier, 15 auswärtige Vereine beteiligten sich dabei. Bei Requisitenhaus war heilige Feldmesse und die Weihe. Die ganze Feier verlief in schöner und ruhiger Weise. Musikkapelle war die Niedersulzer hier, da die hiesige all zu hohe Forderungen stellte (2.000 Kr. und ganze Verpflegung). Fahnenpatin fungierte Frau Maria Koller Nr. 82. 

Am 25. Mai spendet der hochwürdigste Herr Kardinal Piffl das hl. Sakrament der Firmung. Von hier waren 17 Firmlinge, während die anderen 26 in Wien gingen. 

Am 2. Juni 1919 wurden in Saint Germain die Friedensbedingungen den Vertretern von Deutsch-Österreich überreicht. Doch dieser Friedensvertrag ist unannehmbar. Er bedroht Deutsch Österreich mit der völligen Vernichtung. 

Am 12. 6. 1919 Visitation Augustin Höbarth Dechant 

Am 12. Juni war kanonische Visitation und Religionsprüfung in der Kirche. Obwohl der Lehrkörper dazu eingeladen wurde, ließ sich nur Herr Oberlehrer sehen, die anderen 2 nicht. Ebenso beteiligten sie sich nicht an der Fronleichnamsprozession. 

Am 22. Juni war Gemeindewahl. 2 Parteien waren: die katholische Bauernbundpartei und die Heimkehrerpartei, letztere war mehr sozial demokratisch. Die Bauernbundpartei erhielt 8 Mandate, Heimkehrerpartei 4. 

Am 12. Juli wurde Herr Johann Frohner, Wirtschaftsbesitzer Nr. 72, zum Bürgermeister gewählt. Johann Bauer zum Vizebürgermeister, Mathias Glück und Bernhard Kissler zu Gemeinderäten. 

Der Kornschnitt begann heuer erst Mitte Juli wegen der ungünstigen Witterung im Mai und im Juli. Ernte fiel gut aus, Obst weniger, mehr Äpfel, Wein wird sich noch machen, da der August sehr heiß und trocken ist. 

Vom 28. Juli bis 9. August war ich auf Urlaub in Salzburg. Aushilfe leistete hier mit Bewilligung des h. Ordinariates Wien P. Norbert Praxl, Pfarrer von Großinzersdorf. 

10. und 11. August wurde nach 5jähriger Unterbrechung in folge des Krieges der Kirtag wieder in seiner herkömmlichen Weise gefeiert. Getanzt wurde genug, Leute waren massenhaft. Preise hoch, 1 l Wein zu 20 Kr. ausgeschenkt. 

Am 15. August war Ortsschulratswahl, gewählt wurden: zum Obmann Johann Iser Zimmermeister, zum Obmann Stellvertreter Johann Schinnerl, als Mitglieder Martin Neudhart und Anton Hollander und der Michael Lieberth. Dazu gehören noch Pfarrer und Oberlehrer. Zum Schulaufseher wurde Lorenz Brandtner bestimmt. 

Am 20. August wechselten die Herren ihre Posten: P. Friedrich kam von Obersulz als Kooperator nach Mülln, P. Ulrich von Mülln nach Obersulz. Im September wurde P. Michael Noggler, Pfarrer in Obersulz, als Pfarrer nach Maxglan berufen, P. Bernhard Fattinger nach Loidesthal. P. Gregor Gschwandtner von hier nach Obersulz.

Visitation 2.6.1920 Augustin Höbarth Dechant 

Im Juli des Jahres 1919 wurde der damalige Pfarrer der Pfarre Maxglan in der Stadt Salzburg bei der hochwürdigsten Stiftsvorstehung in Michaelbeurn vorstellig mit der Bitte, die große und beschwerliche Seelsorge dort selbst vertauschen zu dürfen mit dem bescheidenen Amte in Loidesthal, welcher Bitte bereit willigst stattgegeben wurde. Am 27. September des genannten Jahres – es war ein Samstag – hielt ich sang- und klanglos meinen Einzug in der neuen Pfarre Loidesthal, während mein Vorgänger Herr P. Gregor Gschwandtner nach Obersulz übersiedelte. Leider muss ich Klage darüber führen, dass ich hierorts gar kein gutes Erbe vorgefunden habe – eine ruinenhafte Kirche mit dementsprechendem Friedhofe, eine religiös sehr gleichgültige Gemeinde, unwissende Kinder – um von der Jugend ganz zu schweigen. Mit einem jeden neuen Tag wurde ich um eine Erfahrung reicher, dabei aber jedes Mal um ein Ideal ärmer. 

Der Kirchenbesuch und ganz besonders das Betragen der Anwesenden würden ganz passend Kapital liefern für einen Roman. Ich will für die genannten Missstände keineswegs den Seelsorger verantwortlich machen, dem gewiss niemand Eifer und guten Willen absprechen kann und der nur den einen Fehler hat, dass er nämlich doch etwas gar zu gut ist. Loidesthal hat je leider seit jeher keinen besonders guten Ruf genossen und ist durch die Stürme des Weltkrieges keineswegs besser geworden. Die Kinder nur halbwegs zur Arbeit in der Schule und zur Ordnung in der Kirche zu verhalten und zu gewöhnen, war die reinste Titanomachie, eine Arbeit, die zwei Jahre beanspruchte und mir – wie sich begreifen lässt, keine Freundschaft eintrug. 

Bezüglich Kirchenbesuch scheint der Priester bedauerlich nur zu tauben Ohren zu predigen, die Männer tun an Sonn- und gebotenen Feiertagen lieber arbeiten – ist ja früher auch so gewesen. Selbstredend imitieren auch die jungen Söhne getreulich ihre mustergültigen Väter. Das eine muss man dem kleinen Orte Loidesthal nachrühmen – Loidesthal ist immer voller Leben: in der Frühe sind es die Hähne, untertags die vielen Gänse, am Abend die Hunde und während der Nacht unsere soliden Burschen, die sich bei ihren Gasthausbesuchen an keine Sperrstunde halten und auch keine Ortspolizei zu scheuen haben. Dass die Väter sich nicht wehren und für die Nachtruhe sorgen und zu diesem Behufe den übermäßigen Gasthausbesuch seitens der Burschen und Bürschchen einschränken, dies muss ich am allermeisten beklagen. Unsere Männer haben eben schon die ganze Führung verloren. Das viele Zechen in den zwei Ortsschänken verleitet unsere Jugend leider sehr häufig zu Diebstählen, um sich mit Hilfe der Wiener Hamsterer Geld zu verschaffen, dann das Tanzen zu jeder gelegenen und ungelegenen Zeit ist bereits mit 120 K pro Mann besteuert und der Wein kostet 90 K pro Liter. 

Anschließend ein anderes nicht weniger dunkles Kapitel über die täglich zunehmende Teuerung. Hier will ich gleich zur Entschuldigung der Landbevölkerung voraus schicken, dass die beispiels hohen Preise für die Lebensmittel nicht unter allen Umständen der Profitgier unserer Leute zugeschrieben werden darf, sondern man muss sagen, der Bauer tut teuer verkaufen, weil er auch ebenso teuer muss einkaufen – ja die Lebensmittel sind relativ noch billig im Vergleich zu den übrigen Bedarfsartikeln. Außerdem tragen die unheimlichen Schieber und Berufshamsterer eine große Schuld, in dem sie alles ums 10fache überbieten, wodurch es den Ortsinsassen einfach unmöglich wird, billig einzukaufen, falls sie überhaupt etwas bekommen. In der Zeit von 1919 bis 1921 sind die Preise tatsächlich um das 400fache gestiegen. So kauft man jetzt das Getreide pro Metercentner um 4500 K, obwohl mit Beginn der letzten Ernte ein Höchstpreis von 1000 K behördlich festgelegt wurde. Die Milch kostet auch für die Ortsbewohner schon 10 bis 12 K pro Liter. Die Eier werden um 15 K pro Stück verkauft – für ein Kilo Rindfleisch zahlt man 140 K, Schweinefleisch 210 K, noch viel teurer natürlich das Geflügel. Diese Preise erklären sich trotzdem, wenn man weiß, dass jetzt Pferde um 200000 K, mittelmäßige Kühe um 70 bis 90000 Kr verkauft werden. Will man sich dermalen anständig kleiden, so benötigt man dazu ein enormes Vermögen: 2000 Kr. für die Schuhe, 15000 Kr. für einen mittelmäßigen Anzug, 900 Kr. für einen windigen Hut usw. Dabei sind diese sündteuren Sachen zeitweilig überhaupt nicht anders zu bekommen, als nur durch die Gnade der Wiener Hamsterer, von denen unsere berüchtigte Landesbahn tagtäglich bis zum Zerdrücken voll ist. Wo auf der Plattform und am Aufstieg noch ein Winkel frei ist, dort drängt sich noch ein Berufshamsterer hinein, selbst auf den Waggondächern hat man schon Rücksack-Passagiere sehen können. Das Reisepublikum unserer Bahn ist derart minderwertig und entsittlicht, dass ein halbwegs anständiger Mensch direkt bahnexistenz unmöglich geworden ist. Zugspersonale und Gendarmerie muss leider vielfach ohnmächtig zusehen und ruhig gewähren. Unsere Landesbahn ist eine Art Republik in der Republik Deutschösterreich geworden – Hilfe tut dringend not. 

Das Erträgnis unserer Ernte im Jahre 1919 war summa befriedigend – auch die Weinernte hat halbwegs entsprochen. Obst war in diesem Jahre in Hülle und Fülle gediehen. Auch ließ sich die Witterung im nachfolgenden Winter ziemlich gut an, so dass auch für das Jahr 1920 eine reichliche Ernte zu erhoffen gewesen wäre. Leider hat ein fürchterlicher Hagelschlag am 13. Juli 1920 die halbe Ernte auf den Feldern und in den Weingärten vernichtet. Dieser verheerende Gewittersturm kam in der Richtung von Hohenruppersdorf über Niedersulz und Loidesthal und richtete auch in Inzersdorf streckenweise noch einigen Schaden an. Was demnach die böse Reblaus in unseren Gärten noch verschont gelassen hatte, das hat fast zur Gänze der Hagel vernichtet. Der 13. Juli bedeutete auch für den Pfarrer einen Unglückstag, denn dieser hat es zum größten Teile verschuldet, dass die Giebigkeiten an den Pfarrhof eine arge Reduktion erfuhren und auch die jährliche Messweinsammlung nicht befriedigte – drei Eimer, im Jahre 1920 1 ½ Eimer recht minderwertige Weines – einähnliches Getränk.

1918

Am 10. Jänner war feierlicher Trauergottesdienst für den durch eine Lawine verunglückten Krieger Anton Glück Wirtschaftsbesitzersohn Nr. 87.

Am 27. Jänner in Richters Gasthaus Versammlung der Ortsgruppe des Piusvereines. Als Gastredner war erschienen Herr Kanzleileiter Viala aus Wien, der ein ausgezeichnetes Referat hielt über die Presse. Anstelle des verstorbenen Obmannes Mathäus Hödl wurde Herr Josef Schulz, Tischlermeister, gewählt. Der Besuch der Versammlung ließ von Seiten der Männer zu wünschen übrig. 

 Die Preise von Lebensmittel und anderen Artikeln stiegen ins unerschwingliche. 1 Ei kostet 50 he, 1 Kilo Schweineschmalz 40 – 50 Kr. und selbst um diesen Preis ist keines zu bekommen. 1 l Milch 64 he, 1 Kilo Schweinefleisch 20 Kr., 1 l Wein 6 – 8 Kr., 1 Schwein 4 Wochen alt 300 Kr., 1 Paar Schuhe 150 Kr. etc.

Jeden Tag kommen mit der Bahn von Wien ganze Scharen so genannter Hamsterer, die um hohe Preise oder gegen Tausch von Waren, Lebensmittel fortschleppen, da in Wien gar nichts mehr zu bekommen ist. 

Wie an anderen Orten, so nimmt auch hier in Folge der langen Kriegsdauer, die Verrohung der Jugend, besonders der Burschen überhand. Durch nächtliches Johlen und Schreien und sonstigen Unfug lassen diese 16 bis 17jährigen Bürschchen ihren Übermut aus. Schuld daran ist, dass die größeren Kinder sehr wenig in die Schule kommen, da sie vielfach zur Arbeit angehalten werden, und dann sind viele Väter fort im Kriege und die Mütter allein sind nicht im Stande die heranwachsende Jugend zu bändigen. Eine traurige Folge des Krieges. 

 Zu Maria Lichtmess und Fasching wurde von hiesigen Mädchen unter Leitung des Pfarrers in Krafts Gasthaus tolles Theater aufgeführt, nämlich: der Schutzengel und im Heiratsbüro. Die Vorstellungen waren sehr gut besucht. Als Reingewinn konnten für das Rote Kreuz in Mistelbach 273 Kr. abgeliefert werden. Obwohl von Seite des Bürgermeisters das Tanzen verboten war, wurde trotzdem nachher fleißig getanzt. 

Am 6. Jänner wurde von der Orgelbaufirma Svoboda in Wien von der Orgel die …………pfeifen abgenommen und dem Kriegsministerium abgeliefert. Dieselben hatten ein Gewicht von 31 Kilo, für das Kilo wurden 15 Kr. bezahlt. Die Orgel ist noch gut spielbar. Am 9. Februar kam die freudige Nachricht vom 1. Friedensschluss, nämlich Friede mit der Ukraine. Möge bald ein allgemeiner, ehrenvoller und dauerhafter Friede kommen. Am weißen Sonntag Feier der 1. hl. Kommunion, 30 Erstkommunikanten. 

Am 19. April kam als 1. aus russischer Gefangenschaft zurück, Johann Lobner, ein Sohn des Herrn Bürgermeisters, weiters kamen Pohl Anton, natürlich mussten sie gleich ihre Erlebnisse erzählen. Nach 4 Wochen Urlaub müssen sie wieder einrücken. 

Die Bauern müssen wieder Getreide liefern, so dass jetzt manche selbst zu wenig haben und bis zur neuen Ernte nicht mehr ausreichen. Die Not und das Elend werden immer größer, besonders in Städten. In Wien sterben täglich über Tausende. 

Im Mai wird endgültig Friede geschlossen mit Russland und Rumänien, so dass die ganze Ostfront frei ist und wir auch hoffen können, mit Lebensmittel in einiger Beziehung versorgt werden. 

Gegen Frankreich, England und Italien dauert das furchtbare Ringen immer noch fort, wie lang wird das noch andauern? 

In Folge Unterernährung und Futtermangel bekommen sehr viele Rinder die Knochenweiche und müssen dann notgeschlachtet werden. Die Gemeinde muss monatlich 12 Stück Vieh abliefern, und so kommt der Viehstand ganz herunter. 

Die Witterung ist seit anfangs April trocken und warm, die Weingärten stehen schön und man hofft sich eine gute Weinlese, wenn nichts mehr drüber kommt. Auch die Getreide stehen schön da. 

Zu Pfingsten empfingen 13 Kinder das heilige Sakrament der Firmung in Wien. Am 18. Mai langte hier die telegraphische Nachricht an, dass in einem Spital zu Innsbruck der Krieger Josef Kramer, Wirtschaftsbesitzer in Loidesthal 113 gestorben ist. Visitation am 28.5. 1918 Augustin Höbarth Dechant 

Josef Kramer wurde in seine Heimat überführt, die Gemeinde widmete ihm ein Ehrengrab in der Mitte des Friedhofs vor dem großen Kreuz. Das Leichenbegängnis fand unter überaus zahlreicher Teilnahme statt. 

Am 24. Mai nachmittags brach im Hause des Josef Frohner Feuer aus, es dürfte durch Kinder entstanden sein, es wurde gleich bemerkt, und so entstand kein weiterer Schaden. Eine Stunde darauf brannte es bei Mathias Dollinger sen., der raschen Hilfe und der Windstille war es zu verdanken, dass das Feuer auf keine anderen Häuser übergriff. Bei Dollinger brannte der Dachstuhl ab. Das Feuer ist durch Unvorsichtigkeit entstanden. 

Am 28. Mai fand durch hochwürdigen Herrn Dechant von Zistersdorf die kanonische Visitation statt. In der möglichst einfachen Form wegen des Krieges. Die Religionsprüfung war in der Schule. 

Während Mai und erste Hälfte Juni sehr trocken, warm, trat Ende Juni eine Regenperiode ein, auch Gewitter mit Hagel, ohne jedoch größeren Schaden anzurichten. 

In folge der schlechten Witterung begann die Ernte erst am 12. Juli. Ende August wurde der letzte Hafer eingeführt, war gute Mittelernte. Der Liter Wein kostete 5 bis 16 Kr, 1 Kilo Geselchtes 40 Kr, 5 St. Eier 4 Kr, der Liter Milch 84 he., 

Im Jahre des Krieges hat 2. und 3. Kl. noch immer Halbtagsunterricht. Ist großer Mangel an Lehrkräften. Frl. Eleonore Fasching kommt nach Spannberg, nachdem sie hier 3 Jahre segensreich gewirkt. Herr Anton Stöger, absolv. Lehramtskandidat, ein gebürtiger Spannberger, kam an ihrer Stelle. 

Die Weinlese begann Ende September, das Erträgnis war mittelmäßig, in folge der nassen Witterung war viel gefault. Die Qualität nicht besonders gut, 3 % der Beste. 

Da dem Pfarrverweser vom Stifte aus kein Beitrag gewährt wurde, zum Ankaufe von Wein, und bei jetziger ungeheurer Teuerung aller Artikel, es dem Pfarrer unmöglich war, sich Wein zu kaufen, wandte er sich an das löbliche Bürgermeisteramt (Lobner) um die Erlaubnis, eine Weinsammlung abhalten zu dürfen. Dieselbe wurde bereitwillig gewährt, und so fand im Jahre 1918 die erste Weinsammlung statt, das Ergebnis waren 5 Eimer. Wird verwendet zu Opferwein, das übrige zur Verfügung des Pfarrers. 

Anfangs Oktober wurde der Kooperator von Obersulz P. Friedrich Egger als k.k. Feldkurat einberufen. Der Herr Pfarrer ist nun allein vorläufig. 

Im Oktober brach eine in vielen Ländern auftretende ansteckende Krankheit aus, die so genannte spanische Grippe, bestand in heftigen Fieber in Verbindung mit Lungenentzündung. Tausende und Tausende fielen ihr zum Opfer, besonders junge Leute. Auch in unserer Gemeinde trat sie heftig aus. Es wurde die Schule 3 Wochen geschlossen. Aber Sterbefall an dieser Krankheit war keiner zu verzeichnen bei uns. 

Das Elend und das Leid des Krieges werden immer größer. Am 23. Oktober wurde auf dem italienischen Kriegsschauplatze Josef Burgmann, ein Sohn des Bäckermeisters Burgmann, von einer Granate getötet. Am 6. November starb in einem Reservespital in Wien der Krieger Sebastian Glück, 20 Jahre alt. Die Leiche wurde in die Heimat überführt und daselbst unter außergewöhnlich großer Beteiligung zur letzten Ruhe bestattet. 

Am 3. November wurde Waffenstillstand mit Italien geschlossen. Dieser schreckliche Krieg nahm für Österreich und Deutschland ein Ende, so traurig wie es sich wohl niemand gedacht haben würde, obwohl, weil in Feindesland drinnen, mussten wir nachgeben. Die allzu große Übermacht, besonders die amerikanische, dann die wirtschaftliche Not und die große Uneinigkeit im Hinterlande führten die Katastrophe herbei. 

Opfer des Weltkrieges 1914 bis 1918 aus der Gemeinde Loidesthal
Mathias Seimann Wirtschaftsbesitzer Nr. 54
Anton Schneider Schuhmachermeister
Anton Glück Halblehnerssohn Nr. 87
Leopold Schneider Wirtschaftsbesitzer Nr. 91
Johann Geer Halblehnerssohn Nr. 31
Ferdinand Geer Halblehnerssohn Nr. 31
Josef Krammer Wirtschaftsbesitzer Nr. 113
Bernhard Krammer Halblehnerssohn Nr. 100
Sebastian Glück Halblehnerssohn Nr. 23
Josef Burgmann Bäckermeisterssohn Nr. 18 

1917

Ende 1916 wurde eine neue Zeitung gegründet „Neues Wochenblatt“, Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge. Bis Neujahr haben sich 16 Abonnenten gemeldet.

Herr Oberlehrer Leopold Reim, der über 1 Jahr Kriegsdienste leistete, wurde vom Militärdienst enthoben und seit 2.1. seinen Dienst in der Schule wieder angetreten. Herr Josef Faderbauer, der während dieser Zeit provisorisch die Schulleiterstelle übernommen, kam als provisorischer Schulleiter nach Niedersulz.

Am 3. Jänner wurde Trauergottesdienst abgehalten, für den gefallenen Krieger Johann Wasinger, hier geboren, verheiratet in Niedersulz. Am 16. Jänner für gefallenen Krieger Johann Geer, Halblehnersohn von hier. 

Vom 18. bis 26. Jänner nahm eine Kommission bestehend aus Herrn Oberlehrer, Bürgermeister, Gemeinderat Frohner und 4 Militaristen alle Vorräte an Getreide, Kartoffel, etc. auf. Gerade das aller notwendigste wurde den Leuten gelassen, das übrige musste gleich abgeliefert werden. 

Vom 20. Jänner an ziemliche Kälte, 10 bis 13 ° Reaumur Kälte (entspricht 12,5 bis 16,8° C) durchschnittlich. Am 25. Jänner war in Zistersdorf Musterung der Jahrgänge 1892 bis 1898, wurden wieder 8 behalten. Im Februar ist Musterung des Jahrganges 1899. Sind so wenig männliche Arbeitskräfte hier, wie wird in diesem Sommer die Arbeit geschehen können? 

Am 2. Februar war in Krafts Gasthaus Piusvereinsversammlung. Herr Franz Meißel, Landesbeamter in Wien hielt einen sehr interessanten Vortrag über Krieg und Presse, das Zusammenwirken zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Weiters sprachen noch der Ortspfarrer und Oberlehrer Reim, Besuch war mittelmäßig. 

Die Kälte dauerte an, bringt bis 16° Reaumur (entspricht 20°C), gute Schlittenbahn. 

Am 12. Februar nach der hl. Messe war Abschied von der großen Glocke. Waren viele Leute in der Kirche. Kurze Kriegsandacht, Ansprache, hierauf Glockengeläute, zuletzt die große allein, gar viele haben geweint, da sie zum letzten Male ihre traute Stimme hörten. Am 13. Februar wurde die große Glocke am Turme oben ganz zerstückelt und für Kriegszwecke abgeliefert, es war traurig, dieses Hämmern und Schlagen zu hören. Der Krieg fordert große Opfer. Inschriften auf der großen Glocke waren: Unter dem hochwürdigen Herrn Pfarrer Ludwig Fockenhuber und Leopold Frohner Bürgermeister zu Loidesthal J.J. 1870. Ignaz Hiltzer k.k. Hofglockengießer in Wr. Neustadt. Bildnisse darauf: 1. Christus am Kreuz, 2. Maria mit dem Jesuskind, 3. hl. Wolfgang, 4. hl. Florian. Gewicht der Glocke 469 Kilo. Betrag dafür 1876 Kr, welche von der Gemeinde, da die Glocken Eigentum der Gemeinde sind, für die 5. Kriegsanleihe gezeichnet wurde. 

Die Kälte dauert an. In Folge Kohlemangel wurde die Schule geschlossen vom 9. März bis 10. April. 

Am 15. April hier Erstkommunion, 18 Kinder. 

Am 23. Februar bis 17. April waren 9 Sterbefälle: am 17. 4. starb Herr Mathäus Hödl, durch 37 Jahre Messner an der Pfarrkirche, das Leichenbegängnis fand unter großer Beteiligung Leidtragender statt. 

Im Laufe des Winters und Frühjahres fanden öfters Hausdurchsuchungen statt. Teils von der Militärbehörde, zuletzt von Finanzwache. Die Leute mussten selbst das hergeben, was sie selber notwendig zum Leben brauchten. Gar manche Häuser waren, wo kein Brot, kein Schmalz, keine Kartoffel mehr waren, und die Leute mussten die größten Entbehrungen tragen. Immer größer und schwerer wurden die Opfer des Krieges. Die Preise sind ungeheuer hoch und viele Artikel sind überhaupt nicht zu haben. Vom f. n. Ordinariat wurden öfters Betstunden angeordnet, um von Gott bald einen ehrenvollen Frieden zu erflehen. Die Leute sind schon ganz mutlos und verzagt. 

 Ende April doch endlich warme Witterung, schönes, heißes trockenes Wetter vom 30. April bis 8. Juli, während dieser Zeit regnete es nur 2 mal ganz wenig. In folge dessen zeigte sich große Dürre und Trockenheit, besonders im Juni. Besonders die Frühjahrssaaten können sich nicht entwickeln, Kartoffel, Hafer, Gerste stehen schlecht. Korn und Weizen ist sehr schön, auch Wein steht gut. 

Am 26. Juni beginnt die Kornernte. Die Leute trachteten bald Mehl zu bekommen, wird bald gedroschen und anfangs Juli gab es schon Brot von der neuen Ernte. Hunger tut weh. Am 8. Juli kam der sehnlichste erwartete Regen, war ein heftiges Gewitter, leider auch mit etwas Hagel, der an den Weingärten Schaden anrichtete. Der Blitz schlug in Nellers Garten in einen Nussbaum ein. 

Wiederum kam von der k.k. Militärbehörde der Auftrag, die Kirche muss auch die anderen Glocken noch für Kriegszwecke liefern. Am 9. Juli wurde die 2.größte vom Turm herab genommen. Sie wurde ganz unversehrt hinab geworfen, in den alten Friedhof. Inschrift dieser Glocke: durch das Feuer ich, David Mesnitzer, Jahreszahl 1627, Bild Christus am Kreuze, Gewicht der Glocke 174 Kilo, Betrag dafür 596 Kr. welche von der Gemeinde in die hiesige Sparkasse eingelegt wurden, vorläufig haben wir nur die Sterbeglocke (75 Kilo), vielleicht muss auch diese noch fort. 

Am 1. August starb Frau Rosalia Schinnerl an Ruhr, sonst noch keine Fälle zu verzeichnen in unserer Gemeinde. In Spannberg starben innerhalb eines Monats 16 Personen an dieser Krankheit. 

Am 2. September langte hier die telegraphische Nachricht ein, dass in einem Spital in Olmütz Herr Anton Schneider, Schuhmachermeister, an der Ruhr gestorben ist. Am 10. September war für ihn der feierliche Trauergottesdienst. Hier, wie auch an anderen Orten, wird viel gestohlen, besonders Obst, Weintrauben, Kartoffel und etc. Am 6. September nachmittags wurde bei Herrn Johann Schulz eingebrochen, gestohlen wurden 600 Kr. und verschiedene Kleidungsstücke, von den Tätern fehlt jede Spur. 

Am 8. September war Kriegswallfahrt nach Maria Moos, mehrere waren in Mariazell, um von der Mutter Gottes baldigen Frieden zu erflehen. 

Der ganze Sommer ist sehr heiß und trocken, im September fiel kein Tropfen Regen, Obst ist viel und teure Preise, so kostet 1 Kilo Äpfel 2 bis 3 Kr., 1 Kilo Zwetschken 1,30 Kr., kamen von Wien viele Obsthändler heraus. Weinlese beginnt am 16. September. Qualität sehr gut, Most wiegt 15°, Quantität mittelmäßig. Preise sind sehr hoch, 1 l Most 3 bis 4 Kr. 

Der Herbst war warm und schön, doch etwas Regen. 

Am 4. Dezember nachmittags Anbetung, sehr viele Beichtleute. P. Friedrich von Obersulz war zur Aushilfe hier, hielt auch die Predigt. Im Advent waren täglich Beichtleute. 

Am 12. Dezember 1. Schnee, blieb gleich und wurde schöne Schlittenbahn. 27. und 28. Dezember schneite es ununterbrochen, so viel Schnee schon lange nicht mehr gewesen. Weihnachtsfeiertage waren schön, nicht zu kalt. 

Am 25. Dezember kam hier die telegraphische Nachricht an, dass in Ungvar in Ungarn Herr Leopold Schneider, Wirtschaftsbesitzer hier Nr. 91, gestorben ist. Herr Schneider war ein tief religiöser Charakter. Am 31. Dezember war für ihn der feierliche Trauergottesdienst, der überaus zahlreich besucht war. Die Gattin und 2 Kinder trauern um ihn. RIP 

Im Jahre 1917 waren: 9 Geburten, 2 Trauungen, 16 Sterbefälle, dazu noch 3 Krieger, welche den Heldentod starben.