Pfarrchronik 1921

Im März 1921 hat die Wahl in den Landtag stattgefunden – wie bei der Wahl in den Nationalrat gab es in Loidesthal auch diesmal wieder 340 Stimmen der Christlichsozialen, 29 von den Roten und 13 großdeutsche Stimmen. 30 bis 40 Mann dürften gar nicht zur Wahl gegangen sein. Ein besonderer Zwischenfall ist nicht zu verzeichnen. Die Wahl geschah – wie üblich – im Lehrzimmer der 4. Klasse.

Nachdem für den 30. Mai die kanonische Visitation seitens des hochwürdigsten Erzbischofes Kardinal Piffl hierorts angesagt war, musste man auch daran denken, mit der Restaurierung der Kirchenfassaden zu beginnen – am 25. Mai wurde von Zimmermeister Iser gerüstet und schon den nächsten Tag arbeiteten die Leute aus der Seehofer-Gilde so eifrig, dass am 30. Mai schon die ganze Südwestfront fertig gestellt war. Bis gegen Mitte August waren sämtliche Arbeiten der Kirchenrenovierung zum Abschluss gediehen, wobei auch das Kirchendach gründlich überstiegen wurde. Die Rechnung lautete beim Maurermeister auf 90000 Kr, Zimmermeister 50000 Kr, Dachdecker 20000 Kr., für Ziegel und Farben etc. Dann Kalk, Zement, Fuhren 200000 Kr. Tischler 150.000 Kr.

Am 30. Mai Nachmittag um 3 Uhr feierlicher Empfang seitens der gesamten Pfarrgemeinde Seine bischöflichen Gnaden Kardinal Piffl. Seine Eminenz kam in Begleitung des Herrn Dechanten von Zistersdorf und des Herrn Zeremoniärs Dr. Gartner in der Richtung von Großinzersdorf, wo vormittags die Visitation abgehalten wurde. Bei den kirchlichen Zeremonien und bei der Firmung – 50 Firmling – die der Bischof im Friedhof erteilte, waren auch die HH. Pfarrer von Niedersulz und Spannberg behilflich. ½ 7 Uhr abends verließ der Pl. Tit. Oberhirte wiederum unseren Ort, begleitet von 6 Mann Berittener, sowie Hochderselbe auch gekommen war. Am 31. Mai vormittags wurde in Velm-Götzendorf gefirmt, wobei ich mich auch beteiligte. An diesem Tage brachte die Wiener Reichspost die sehr betrübende Nachricht von dem Einbruch im Kloster Michaelbeurn, wobei Geld und Pretiosen im Werte von einigen Millionen geraubt worden war. Von den Räubern fehlt bis heute noch jede Spur.

Am Tage vor der bischöflichen Visitation wurde vor dem Eingang zur Kirche die Enthüllung und Weihe des neuen Kriegerdenkmales vorgenommen. Den Auftrag bekam der Steinmetzmeister von Zistersdorf und kostet das Monument ca. 120000 Kr. Ohne unbescheiden zu werden, darf ich wohl behaupten, dass dieses Denkmal ohne meine wiederholte Anregung kaum zustande gekommen sein dürfte – sowie ich auch den Platz vor der Pfarrkirche anstatt des neuen Friedhofes in Vorschlag brachte. Als Festredner bei dieser Feierlichkeit hat mich Lehrer Schweinberger vertreten, während ich nach vollzogener Einweihung den Anwesenden und Beteiligten den Dank aussprach und dabei bemerkte: den Herrn Dechant konnte ich wohn nicht gut einladen, weil laut Programm diese ernste Kriegerfeier mit einem lustigen Tanzkränzchen ihren Abschluss findet. Aus eben diesem Grunde wollte ich heute auch nicht Festredner sein. An diesem und dem folgenden Sonntag liess ich von den beiden Kirchenvätern nach dem Gottesdienst für das Kanisiuswerk eine Sammlung vornehmen – jedes Mal ein Ergebnis von 1000 K. Den ersten Sammelbetrag habe ich dem hochw. Visitator auf seinem Teller offeriert als Dank für die Visitation seitens der Pfarrgemeinde.

Am 25. Juni machte ich bei der Landesregierung und zugleich beim hochw. Ordinariate in Wien resp. in Salzburg die erste Eingabe um die Bewilligung zur Veräußerung des Kirchenackers. Von Salzburg aus liess die positive Erledigung gar nicht lange auf sich warten, während Landesregierung Wien-Land und das dortige Konsistorium längere Zeit nicht recht Miene machen wollten – von Seite der Landesregierung ist die Bewilligung bis heute noch ausständig. Das hochw. Konsistorium hat erst im Oktober die bzgl. Erlaubnis erteilt, nachdem ich wiederholt bittlich und bittlich vorstellig geworden war, wobei ich beim zweiten Präludium vermutlich nicht die ganz geeigneten Accorde angeschlagen haben dürfte. Am 8. Jänner 1922 liess ich mit gerichtlicher Bewilligung eine Licitation abhalten im Krafts Gasthaus, wobei vom Wirt Steyskal für die 96 ar Acker der Betrag von 1,200.000 K abgeboten wurde. Ich habe dieses Anbot nicht ratificiert und wurde der Grund dann nach Ablauf der gesetzl. Frist freihändig verkauft, wobei der Wirt Steyskal in der Person des Konkurrenten Schneider Johann von Spannberg einen bösen Rivalen gefunden hatte. Es wäre tatsächlich ein eigenes und langes Kapitel für sich, wollte ich den ganzen Hergang und Verlauf der Grundverkaufsgeschichte niederschreiben. Bei einer derartigen Gelegenheit, wo hohe Summen die Rolle spielen, kommt man als Priester am allerbesten dazu, seine genauen Studien an der heutigen Laienwelt zu machen. Fide, sed antea vide, cui confidere possis. Den Acker bekam zu größten Verdruss für die Loidesthaler der Wirt von Spannberg, mit dem ich erst am 24. Jänner den Kauf abgeschlossen habe und zwar mit der Summe von 1.800.000 K. Vierzehn Tage später haben wir den Kaufvertrag beim Notar Posch in Zistersdorf unterzeichnet. Loidesthal war keineswegs froh darüber und hat mir die ganze Grundveräußerung wenig Sympathien eingetragen, indes unsere ganz und immer unschlüssigen Leute haben meinerseits wohl nicht anderes verdient. Eben bei dieser Gelegenheit liesse sich noch so manches nicht uninteressante Kapitel in Erwägung ziehen, das jedem neuen Seelsorger hier ein guter Behelf sein möchte beim Chrarakterstudium. Attamen

Der Herr Obergeometer in Zistersdorf, dem wir am 25. Oktober 1921 behilflich waren bei der Vermessung der veräußerten Grundparzelle in den Dritteln, hatte leider das Unglück, den Anteil für die Frau Kraft mit dem des Pächters Neller zu verwechseln, weshalb es auch beim Kaufvertrag anfänglich Schwierigkeiten abgab und eine sog. Aufsandung seitens der Behörde notwendig war.

Die Ernte vom Jahre 1921 war summarisch mittelmäßig. Wohl gut im Getreide, jedoch minder in den Herbstfrüchten, nachdem den ganzen Sommer hindurch die Dürre angehalten hatte. Wein von guter Qualität und in den veredelten Sorten auch nicht wenig.

Am Allerheiligentage habe ich bei der Predigt Gelegenheit genommen, den Pfarrangehörigen ihre Verpflichtung, den verst. Verwandten den vollkommenen Ablass zukommen zu lassen, motivierend vor Augen führen. Gottlob kann ich zu meiner größten Genugtuung konstatieren, dass es nachmittags und am Allerseelentage manche Pönitenten und Kommunikanten gegeben hat. Vivant sequentes!!!!!

Am 4. Dezember als am Anbetungstage gab es vergangenes Jahr neben den vielen Frauenspersonen ausnahmsweise auch mehrere Männer, die hl. Sakramente empfangen haben. An diesem Tage musste ich auf der Kanzel den Nothelfer machen für Herrn Pfarrer P. Guido von Inzersdorf, den sein vielleidender Kopf diesen Sonntag ins Bett geworfen hatte. Im Beichtstuhl waren die HH. Nachbarn von Götzendorf und Spannberg behilflich, wobei sie unter der grimmigen Kälte sehr viel zu leiden hatten. Auch Niedersulz war vertreten.

Der ganze Winter 1921 war wohl recht kalt, aber dafür sehr schneearm. In meiner Kanzlei wurde dreimal geheizt – mein Atelier war die Küche. Die Kohlen- und Holzpreise waren dermalen einfach unerschwinglich.